Praxiswerkstatt Berlin-Märkisches Viertel

6.10.2022
10:30 - 18 Uhr
Und 7.10.2022 09:30 - 13:00 Uhr Märkisches Viertel, Berlin
Und 7.10.2022 09:30 - 13:00 Uhr Märkisches Viertel, Berlin
Auf dem Weg zu einem kulturell-kreativen Transformationsmanagement

Die lange Version der Dokumentation der Praxiswerkstatt ist hier abrufbar.

Wie in vielen bundesdeutschen Großsiedlungen steht auch im Märkischen Viertel in Berlin ein Generationenwechsel bevor. Dies nimmt die GESOBAU AG als kommunales Wohnungsunternehmen zum Anlass, nicht nur in die Ertüchtigung und Aktivierung ihrer Wohnungsbestände und in das Wohnumfeld zu investieren, sondern auch in Programme, Prozesse und Strukturen einer kulturellen Stadtentwicklung. Dabei wird die Zusammenarbeit mit kulturellen Einrichtungen, Bildungseinrichtungen, Kultur- und Kreativschaffenden sowie zivilgesellschaftlichen Initiativen gesucht.

Auf dem Weg zu einem kulturell-kreativen Transformationsmanagement führt die GESOBAU AG am 6./7. Oktober 2022 eine Praxiswerkstatt durch. Partner sind das Büro Christine Ehlers werterleben sowie die Vernetzungsinitiative der Nationalen Stadtentwicklungspolitik „Gemeinsam für das Quartier“. Sondiert werden bisherige Ansätze kultureller Stadtentwicklung mit besonderem Innovationspotenzial; vor diesem Hintergrund werden geeignete Programme, Prozesse und Strukturen diskutiert. Am ersten Tag sieht die Praxiswerkstatt nach einer Einführung in die Ausgangssituation und die Ziele des Vorhabens eine Auseinandersetzung mit bisherigen Handlungsansätzen aus den Bereichen Bildung, Kunst, Kultur, Soziokultur und Kreativwirtschaft vor. Am zweiten Werkstatt-Tag sollen vor dem Hintergrund dieser Impulse mögliche Szenarien auf dem Weg zu einer kulturellen Stadtentwicklung im Märkischen Viertel entworfen und diskutiert werden.

Die Praxiswerkstatt wird unter Mitwirkung von geladenen Exper:innen und Praktiker:innen durchgeführt. Die Ergebnisse der Praxiswerkstatt sollen Impulse für die Zukunftswerkstatt der GESOBAU AG geben.

Kurzinformationen zur Praxiswerkstatt

Datum: Donnerstag, 6. Oktober 2022 – Freitag, 7. Oktober 2022

Ort: Atelier der GESOBAU AG im Senftenberger Ring 24, 13439 Berlin, sowie verschiedene Orte im Märkischen Viertel

Personenanzahl: 30 – 40 Personen (bei Corona bedingten Abstandsregelungen max. 25)

Teilnehmer:innenkreis: Vertreter:innen GESOBAU weitere Wohnungsunternehmen aus Berlin und Deutschland (Partner „Gemeinsam für das Quartier“), engagierte Akteur:innen aus dem Märkischen Viertel, Partner:innen aus Kultur, Soziokultur und Kreativwirtschaft „Gemeinsam für das Quartier“ mit vergleichbaren Ansätzen, weitere Expert:innen

Fragestellungen der Praxiswerkstatt

  • Worum geht es bei einer kulturellen Transformation? Wie kann man durch ein Transformationsmanagement mit dem Fokus auf dauerhaften kulturell-kreativen Aktivitäten das Märkische Viertel als Soziotop in eine positive Richtung verändern?
  • Wie unterstützt man einen selbstorganisierten Prozess? Welche Akteur:innen und Strukturen innerhalb der Wohnungswirtschaft, eines Quartiersmanagement, kommunaler Einrichtungen und Soziokultur können hier mit Akteur:innen der Kultur- und Kreativszene zusammenwirken? Wie können Impulse für den Aufbau dieser Prozesse und Strukturen gelingen? Ein Ergebnis könnte ein „Runder Tisch Kultur“ und weitere dauerhafte Strukturen der Akteur:innen sein.
  • Wie lassen sich spezifische kulturell-kreative Orte und Räume schaffen bzw. weiterentwickeln? Welche künstlerisch-performativen Formate lassen sich aus der Siedlung heraus für den Prozess der Zukunftsvision entwickeln, erproben und etablieren? Wie lassen sich damit die Bewohner:innen der Großsiedlungen erreichen? Welche Fehler gilt es dabei zu vermeiden?
  • Wie kann eine Transformationsstrategie als Zukunftsvision für ein Wohnquartier mit kulturell-kreativen Schlüsselvorhaben entwickelt und als dauerhafter Prozess und nicht nur als eine begrenzte Abfolge von Einzelprojekten umgesetzt werden?
  • Was braucht Kunst und Kultur und was kann sie leisten, um Impulse in einem Viertel zu geben ohne als kontextloses „Satellit/Raumschiff“ im Viertel zu wirken?

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Agenda

Tag 1, 6. Oktober 2022

Ort: Atelier der GESOBAU AG, Senftenberger Ring 24, 13439 Berlin

Das Eröffnungsplenum am 1. Tag sowie das Abschlussplenum am 2. Tag finden im Atelier der GESOBAU AG statt; während die drei an das Eröffnungsplenum anschließenden Workshops an verschiedenen Orten und Einrichtungen im Märkischen Viertel stattfinden.

10:30 Uhr Begrüßung und Eröffnung

  • Irina Herz, Prokuristin und Bereichsleiterin, GESOBAU, Leiterin der Zukunftswerkstatt
  • Uwe Brockhausen, Bezirksbürgermeister Reinickendorf
  • Christian Huttenloher, Generalsekretär, Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V./ Vernetzungsinitiative Gemeinsam für das Quartier

10:45 Uhr bis 12:30 Uhr

Kulturelle Stadtentwicklung im Märkischen Viertel: Ausgangssituation und Ziele

Moderation: Christian Huttenloher, Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V./ Vernetzungsinitiative Gemeinsam für das Quartier

  • Impuls zum integrierten Handlungskonzept für das Märkische Viertel und zur Zukunftswerkstatt mit dem Baustein „Kunst, Kultur und Wissenschaft“

Irina Herz, Prokuristin und Bereichsleiterin, GESOBAU, Leiterin der Zukunftswerkstatt

Helene Böhm, Leitung Sozial- und Quartiersmanagement, GESOBAU

  • Kulturanthropologischer Impuls zur kulturell-kreativen Transformation von Großsiedlungen und Ableitungen für die Zukunftswerkstatt des Märkischen Viertels

Christine Ehlers, werterleben

Adam Page, Künstler, Hertzsch & Page und station urbaner kulturen/ nGbK Hellersdorf

  • Quintessenz der Vernetzungsinitiative Gemeinsam für das Quartier

Prof. Reiner Schmidt / Christian Huttenloher, Gemeinsam für das Quartier

  • Diskussion mit Teilnehmer:innen

12:30 Uhr Mittagspause mit anschließendem Rundgang durch das Märkische Viertel  

Führung durch Eberhard Elfert, elfkonzept

14:30 Uhr bis 17 Uhr

Kulturelle Stadtentwicklung im Märkischen Viertel: Bausteine und Anknüpfungspunkte

Parallele Workshops

Workshop 1

Künstlerisch-kreative Kultur- und Bildungsarbeit und Strategien zu Eröffnung von Entfaltungsräumen

Ort: Literaturcafé der Jugendkunstschule ATRIUM, Senftenberger Ring 97, 13435 Berlin

14:30 Uhr

Einführung und Moderation:

Helene Böhm, Leitung Sozial- und Quartiersmanagement, GESOBAU

Christian Huttenloher, Generalsekretär, Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V./ Vernetzungsinitiative Gemeinsam für das Quartier

14:40 Uhr Einrichtungen und Akteur:innen aus dem Märkischen Viertel
  • Vorstellung der Arbeit der Jugendkunstschule ATRIUM

Claudia Güttner, Leiterin der Jugendkunstschule ATRIUM

  • Vorstellung der Arbeit der Jugendkunstpaten e.V.

Thomas E. J. Klasen, Jugendkunstpaten e.V.

15:20 Uhr Referenzprojekte
  • Station urbaner Kulturen in Berlin Hellersdorf

Adam Page, Künstler, Neue Gesellschaft für bildende Kunst

  • Kulturelle Bildungsarbeit, Artists in Residence und Kunst im Quartier in Schöneberg Nord

Dr. Hans-Michael Brey, stellvertretender Vorsitzender Stiftung Berliner Leben

  • Koproduktion in Wohnquartieren: Gropiusstadt Berlin

Dr. Sabine Kroner, Projektbüro Kulturnetzwerk Neukölln e.V., BERLIN MONDIALE

Katrin Baba-Kleinhans, Leiterin Quartiersmanagement, degewo

  • Impulse junger Stadtmacher:innen

Kristin Lazarova, Urbane Liga

16:20 Uhr Perspektivendiskussion

mit allen Teilnehmenden

Workshop 2

Kulturelle Einrichtungen, künstlerische Ansätze und performative Formate zur Beförderung einer eigendynamischen Quartierskultur

Ort: Café Apostel der evangelischen Kirche, Wilhelmsruher Damm 161, 13439 Berlin

14:30 Uhr

Einführung und Moderation

Christine Ehlers, werterleben

Prof. Reiner Schmidt, Stadt als Campus/ Vernetzungsinitiative Gemeinsam für das Quartier  

14:40 Uhr Einrichtungen und Akteur:innen aus dem Märkischen Viertel
  • Das Café Apostel und seine Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirchengemeinde und Initiativen aus dem Märkischen Viertel

Felix Bergemann, FACE Familienzentrum

  • Stadtteilsparzielgänge im Märkischen Viertel

Eberhard Elfert, elfkonzept

15:20 Uhr Referenzprojekte
  • Inszenierungen im urbanen Raum von matthaei & konsorten

Lukas Matthaei, Regisseur, Matthei & Konsorten, Berlin

  • Stadtlabore mit Junges Theater und Kommunikations- und Aktionszentrum KAZ e.V. in Göttingen

Anne Moldenhauer, Leiterin Göttinger Kommunikations- und Aktionszentrum KAZ e.V.

Tobias Sosinka, Geschäftsführer Junges Theater

  • Das Theater Karlshorst und das Kulturprogramm in Neu-Hohenschönhausen der HOWOGE

Dr. Pirkko Husemann, Leiterin Stiftung Stadtkultur

Cordula Fay, Leiterin Neubau im Quartier, HOWOGE

16:20 Uhr Perspektivendiskussion

mit allen Teilnehmenden

Workshop 3
Kultur und Kreativwirtschaft als Impulsgeber für kreative Orte und Netzwerke

Ort: Atelier der GESOBAU AG, Senftenberger Ring 24, 13439 Berlin

14:30 Uhr

Einführung und Moderation

Heike Mages, Projektleiterin & Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V./ Vernetzungsinitiative Gemeinsam für das Quartier

Dr. Ulrich Berding, Stadt als Campus/ Vernetzungsinitiative Gemeinsam für das Quartier

14:40 Uhr Einrichtungen und Akteur:innen aus dem Märkischen Viertel
  • Die Viertel Box der GESOBAU im Märkischen Viertel

Katharina Basedow, Unternehmenskommunikation & Marketing, GESOBAU

  • Das Märkische Quartier

Ted Walle, Center-Manager des Märkischen Quartiers

15:20 Uhr Referenzprojekte
  • Kulturelle Stadtentwicklung und Place Making – Erkenntnisse und Erfahrungen aus Mannheim

Dr. Matthias Rauch, Leitung Kulturelle Stadtentwicklung, NEXT MANNHEIM

  • Das Zusammenspiel von Leben, Arbeiten und nachbarschaftlichen Engagement:

Der BOB Campus als Mikroquartier mit Strahlkraft

Stefan Anspach, Vorstand Montag Stiftung Urbane Räume

  • Neue Arbeitsformen & Communities – Perspektiven der German Coworking Federation

Christan Cordes, Vorstand German Coworking Federation e. V.

  • Die Planung des Creative Hubs in der Neuen Vahr, Bremen

Manfred Corbach, Leitung Immobilienwirtschaft, GEWOBA Bremen

Marc Fucke, Geschäftsführer, Visionskultur

16:20 Uhr Perspektivendiskussion

mit allen Teilnehmenden

18:00 Uhr Gemeinsames Abendessen im Café Apostel

Tag 2, 7. Oktober 2022

Ort: Atelier der GESOBAU AG im Senftenberger Ring 24, 13439 Berlin

9:30 Uhr Begrüßung und Einführung in das Abschlussplenum

9:45 Uhr bis 11:15 Uhr

Kulturelle Stadtentwicklung im Märkischen Viertel: Impulse und Orientierungen

Die nachfolgenden Impulse in diesem Block thematisieren zentrale Fragen auf dem Weg zu einem kulturell-kreativen Transformationsmanagement als Ausgangsbasis der Abschlussdiskussion (siehe Fragenkatalog am Ende).

9:45 Uhr Ergebnisse aus den Workshops:

mögliche Programmbausteine sowie Hinweise, Empfehlungen und offene Fragen auf dem Weg zu einem kulturell-kreativen Transformationsmanagement

Christian Huttenloher, Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V./ Vernetzungsinitiative Gemeinsam für das Quartier

Prof. Reiner Schmidt, Stadt als Campus/ Vernetzungsinitiative Gemeinsam für das Quartier  

Dr. Ulrich Berding, Stadt als Campus/ Vernetzungsinitiative Gemeinsam für das Quartier

10:00 Uhr Künstlerische und kulturelle Orientierungen für ein kulturell-kreatives Transformationsmanagment

  • Anja Kolaceck und Marc Leßle, Raum 13, Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste
  • Dr. Sabine Kroner, Projektbüro Kulturnetzwerk Neukölln e.V., BERLIN MONDIALE

10:30 Uhr Wohnungswirtschaftliche Orientierungen für ein kulturell-kreatives Transformationsmanagment

  • Dr. Anne Schmedding, Leitung Projekte Stiftung Berliner Leben
  • Cordula Fay, Leiterin Neubau im Quartier, HOWOGE
  • Helene Böhm, Leitung Sozial- und Quartiersmanagement, GESOBAU

11:00 Uhr Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Vernetzungsinitiative „Gemeinsam für das Quartier“

Prof. Reiner Schmidt, Stadt als Campus/ Vernetzungsinitiative Gemeinsam für das Quartier  

11:15 Uhr Kaffeepause

11:30 Uhr Abschließender, zusammenfassender Diskurs im Plenum mit Empfehlungen auf dem Weg zu einem kulturell-kreativen Transformationsmanagment

Graphic Recording von 123comics

13:00 Uhr Ausblick, Verabschiedung und gemeinsames Mittagessen

Praxiswerkstatt „Märkisches Viertel“: Fragenkatalog auf dem Weg zu einem kulturell-kreativen Transformationsmanagement

1 Ziele, Zielgruppen, Haltungen, Erwartungen

Wer sind die Menschen im Quartier?

Was bewegt sie, wie und womit erreicht man sie?

2 Räumliche Anknüpfungspunkte und Potenziale

Welche Orte im Quartier sind schon da als Ausgangspunkte für kulturell-kreative Aktivitäten? Welche Bedingungen erfüllen sie?

Welche ergänzenden Orte könnte man noch in Betracht ziehen?

3 Soziale sowie kulturelle Anknüpfungspunkte und Potenziale

Auf welchen Einrichtungen, Netzwerken und Initiativen kann schon aufgebaut werden?

Wie können Kooperationen zwischen unterschiedlichen Akteur:innen befördert werden

(lokal – extern, Institutionen – Freischaffende,  Kunst – Bildung – Kultur – Kreativwirtschaft)?

4 Programmbausteine

Welche kulturellen Formate und Aktivitäten von und mit Künstler:innen, kulturellen Einrichtungen, Kultur- und Kreativschaffenden können die kulturelle Stadtentwicklung nachhaltig befördern?

5 Strategien, Prozesse und Strukturen

Welche Strategien, Prozesse und Strukturen sind hilfreich und notwendig, um eine kulturelle Stadtentwicklung zu einem der Motoren der Quartiersentwicklung werden zu lassen, sie dauerhaft zu verankern und „Eigendynamik“ zu befördern ?

Übergreifendes Thema:

Übertragbarkeit von Erfahrungen aus Referenzprojekten

report

Ergebnis

Hintergrund

Großsiedlungen, wie etwa das Märkische Viertel in Berlin, stehen derzeit erneut vor großen sozio-demographischen Veränderungen. In den letzten Jahren wurde bereits viel erreicht. Gebäude, Wohnumfeld, öffentlicher Raum und Infrastrukturen wurden modernisiert und attraktiver gestaltet. Durch soziale Angebote, Mitgestaltung der Bewohner:innen und Quartiersmanagement haben sich viele einst überforderte Nachbarschaften stabilisiert. Die Bewohner:innen leben gern in Großsiedlungen. In der jüngeren Vergangenheit gab es allerdings vielerorts intensive sozio-demographischen Veränderungen, die zu nachbarschaftlichen Herausforderungen führt. Wie entwickelt man vor diesem Hintergrund eine Zukunftsvision für das Viertel? Wie gelingt es, alte und neue Anwohnende bei der anstehenden Transformation gleichermaßen mitzunehmen? Und vor allem: Welchen Beitrag können Kreativwirtschaft, Kunst, Kultur und Soziokultur zu diesen Prozessen leisten?

Zusammenarbeit: GESOBAU und „Gemeinsam für das Quartier“

Mit diesen Fragen hat sich die Praxiswerkstatt „Auf dem Weg zu einem kulturell-kreativen Transformationsmanagement“ am 6./7. Oktober 2022 am Beispiel des Märkischen Viertels in Berlin auseinandergesetzt. Initiiert wurde die Veranstaltung von „Gemeinsam für das Quartier“. Die von der Nationalen Stadtentwicklungspolitik geförderte Vernetzungsinitiative hat es sich zur Aufgabe gemacht, verschiedene Akteure in der Stadtentwicklung zusammenzubringen und einen bundesweiten Austausch zu etablieren. Dazu zählen etablierte Protagonisten wie Kommunen, die Wirtschaft oder Immobilienunternehmen genauso wie Player aus Zivilgesellschaft, Kreativwirtschaft, Kultur und Soziokultur sowie Intermediäre. Wohnquartiere sind neben Innenstädten und ländlichen Räumen bzw. Kleinstädten eine räumliche Handlungsebene der Initiative.

Die Praxiswerkstatt wurde gemeinsam mit dem Berliner Wohnungsbauunternehmen GESOBAU umgesetzt, dem fast alle Wohnungen im Märkischen Viertel gehören. Die GESOBAU will die Großsiedlung aus den 1970er Jahren nachhaltig weiterentwickeln, um ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern und sie als einen Leuchtturm unter den Großwohnsiedlungen zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dies nimmt die GESOBAU AG zum Anlass, nach umfangreichen Investitionen in die Modernisierung und Aktivierung ihrer Wohnungsbestände und in das Wohnumfeld auch weitere Handlungsfelder für die Zukunftsfähigkeit zu adressieren. Seit 2020 arbeitet sie in einer internen „AG Zukunftswerkstatt“ an einer Zukunftsvision.

Praxiswerkstatt und Zukunftskonzept GESOBAU
Kulturelle Quartiersentwicklung als Baustein der Zukunftswerkstatt Märkisches Viertel

Langfristig möchte die GESOBAU im Märkischen Viertel ein neues Heimatgefühl für alle schaffen, wozu Kunst und Kultur einen wichtigen Baustein liefern sollen und zusammen mit dem Bereich der Wissenschaft als Querschnittsthema der Zukunftswerkstatt fungieren. Dieser soll in einer langfristige Zusammenarbeit und Partnerschaften u.a. mit kulturellen Organisationen, Bildungseinrichtungen, Kultur- und Kreativschaffenden sowie zivilgesellschaftlichen Initiativen umgesetzt werden. Ziel ist es, den Zusammenhalt zwischen Alteingesessenen und neu Dazukommenden zu stärken, das Engagement der Menschen zu erhöhen, lebendige Orte der Begegnung zu schaffen und dadurch sowohl die Identifikation der Bewohner:innen mit ihrem Wohnquartier als auch das Image bei Externen zu verbessern. Bislang gibt es allerdings wenig engagierte Bewohner:innen und Initiativen und das Interesse, sich einzubringen, ist nicht besonders ausgeprägt. Auch die etablierten „Kümmerer:innen“ sind eher angebotsorientiert und weniger aktivierend. Darüber hinaus soll aus der monofunktionalen Wohnsiedlung eine Art „Wohnen plus“ mit attraktivem Umfeld, Erdgeschossnutzungen und den Vorteilen einer Stadt der kurzen Wege entstehen.

Praxiswerkstatt: Teilnehmende und Format

Ziel der Praxiswerkstatt war es, Denkanstöße für ein kulturell-kreatives Transformationsmanagement im Rahmen der Zukunftswerkstatt zu geben. Dazu kamen Akteure aus den Bereichen Quartiersmanagement (Sozio-)Kultur und Kunst, aus dem Märkischen Viertel mit Akteuren aus vergleichbaren Projekten aus Berlin und ganz Deutschland zusammen. Vertreten waren u.a. verschiedene kommunale Wohnungsunternehmen, Stiftungen, freischaffende Künstler:innen, junge Stadtmacher:innen, Theater-Vertreter:innen, Bildungseinrichtungen, Unternehmer:innen, Verbände sowie Vertreter:innen der Wirtschaftsförderung.

Ziel war es, Ansätze kultureller Stadtentwicklung mit besonderem Innovationspotenzial zu sondieren und geeignete Programme, Prozesse und Strukturen zur möglichen Umsetzung im Märkischen Viertel zu diskutieren. Dies geschah am ersten Tag nach einführenden Vorträgen vor allem in drei parallelen Workshops mit den Schwerpunkten (1) Kultur- und Bildungsarbeit, (2) künstlerische Ansätze und performative Formate sowie (3) Kultur- und Kreativwirtschaft. Am zweiten Werkstatt-Tag haben die Teilnehmer:innen basierend auf den Workshops am Vortag Potenziale diskutiert und Empfehlungen für das weitere Transformationsmanagement im Märkischen Viertel ausgesprochen. Dabei standen fünf Bereiche im Vordergrund: (1) Zielgruppen und Menschen vor Ort, (2) räumliche Anknüpfungspunkte, (3) soziale und kulturelle Anknüpfungspunkte, (4) Formate sowie (5) Strategien, Prozesse und Strukturen.

Zentrale Ergebnisse der Praxiswerkstatt

Zusammenfassend lassen sich folgende zentrale Erkenntnisse extrahieren, die im Folgenden im Detail unter den fünf strukturierenden Themenclustern dokumentiert sind:

Menschen & Akteure: Erwartungen an eine kulturell-kreative Transformation im Märkischen Viertel

Was die Ziele, Erwartungen und Menschen angeht, so wurde klar: Es gibt verschiedene Anwohner:innengruppen im Märkischen Viertel, die alle bei einem weiteren Vorgehen identifiziert und berücksichtigt werden müssen: Wer sind diese Menschen und Communities? Was wollen sie? Welche Räume könnte man ihnen vielleicht für Aktivitäten anbieten? All dies gilt es zu analysieren. Um an die verschiedenen Communities heranzukommen, ist es vielversprechend, in den einzelnen Gruppen engagierte Einzelpersonen auszumachen und anzusprechen, die dann als Mittler in die Gemeinschaften dienen können. Zudem ist es insgesamt entscheidend, die Menschen vor Ort als Expert:innen ihres Lebensumfeldes aktiv in die weitere Erarbeitung des Zukunftskonzeptes einzubeziehen.

Was die Erwartungen der Menschen betrifft, so hat sich bei bisherigen Befragungen der GESOBAU gezeigt, dass die Anwohner:innen sich mehr kulturelle Angebote im Viertel wünschen (z. B. ein Kino) sowie generell mehr Lebendigkeit im öffentlichen Raum. Die GESOBAU selbst wiederum möchte, im Sinne einer lebendigen Quartiersgemeinschaft, gerne mehr Menschen im Viertel aktivieren, sie möchte für mehr Engagement und Interesse für den eigenen Kiez werben. Dafür kann eine Befruchtung von außen vielversprechend sein. Als übergeordnetes Thema wurde deutlich, dass das Alleinstellungsmerkmal des Märkischen Viertels noch mehr herausgearbeitet werden sollte: Die Häuser sind alle vermietet, es ist grün, großenteils frisch renoviert, sozial bunt gemischt. Die Leute kennen sich. All diese Punkte gilt es mehr in den Vordergrund zu rücken, um ein Wir-Gefühl zu erzeugen und das nach wie vor negative Image zu drehen, das das restliche Berlin vom Märkischen Viertel hat und das eher auf alten Vorurteilen als auf der heutigen Realität im Kiez beruht.

Orte: Räumliche Anknüpfungspunkte und Potenziale im Märkischen Viertel

Was räumliche Anknüpfungspunkte und Potenziale betrifft, so wurde klar, dass Räume entscheidend für das Entwickeln von Communities sind. Ansatzpunkte könnten z. B. eine Art Bürgerhäuser sein, wo Menschen sich abends zum Film schauen treffen könnten. Aber auch Spielplätze, Sportplätze und Vereinsräume, die gerade für junge Menschen wichtige Anlaufstellen sind, sollten aktiviert und mehr bespielt werden. Auch bislang ungenutzte Räume wie etwa leerstehende Ladenlokale etc. gilt es aufzuspüren und diese Lücken zum Gestalten zu nutzen. Diese Räume könnten mit einem „Mapping“ gesammelt, kartographiert und somit sichtbar gemacht werden. Wichtig ist es, dass diese Räume attraktiv und nicht kontrolliert sind. Dies unterstützt das Empowerment der Anwohner:innen. Auch über Mieterlasse oder andere Förderkonditionen sollte nachgedacht werden. Kunst, Aktionen oder sonstige Initiativen, die in diesen Räumen entstehen oder wirken, sollten unbedingt im Quartier sichtbar sein, damit die Anwohner:innen erkennen, dass sich etwas bewegt. So können sich diese Orte zu Treffpunkten entwickeln. Mit der VIERTEL BOX, dem Atrium und den Räumen der Kirche etc. hat das Märkische Viertel bereits viele Räume mit Potenzial, das es nun weiter auszunutzen und zu ergänzen gilt.

Vernetzung: Soziale und kulturelle Potenziale im Märkischen Viertel

Bei sozialen und kulturellen Anknüpfungspunkten und Potenzialen wurde deutlich, wie wichtig das Community-Management ist. Dies könnten z. B. die Kirchen mitübernehmen, auch eine Verknüpfung mit dem Quartiersmanagement ist vielversprechend. Insgesamt sollte man Impulsen von außen an bestehenden Initiativen und Projekte andocken. Als wichtig wurde auch erachtet, die Vielfalt der Nationen, die im Märkischen Viertel herrscht, besser darzustellen bzw. den einzelnen Communities Raum zur Entfaltung zu geben. Künstlerische Aktionen im Quartier sind ein guter Einstiegspunkt, um mit den Menschen niedrigschwellig in Kontakt kommen. Dafür ist allerdings die Sichtbarkeit z. B. von künstlerischen Aktionen und Künstler:innen im Viertel essentiell. Diskutiert wurde auch über den Kunstbegriff. Hier herrschte Einigkeit, dass man mit einem elitären, „exklusiven“ Begriff von Kunst und „Hochkultur“ nicht weiterkommt. Wichtiger ist es, den Menschen das anzubieten, sie mit dem abzuholen, was sie selber interessiert und sie ästhetisch finden. Ein ganz entscheidender Punkt ist es zudem, das Vertrauen der Anwohner:innen zu gewinnen.

Programmbausteine: Ideen für ein kulturell-kreatives Transformationsmanagement

Welche Formate und Programmbausteine sind am besten geeignet für eine künstlerisch-kulturelle Transformation im Märkischen Viertel? Hier wurde deutlich, dass generell niedrigschwellige Formate wie Feste, gemeinsame Handarbeit und Handwerk und gemeinsame künstlerische Arbeit ein guter Einstiegspunkt sind, um mit den Bewohner:innen in Kontakt zu kommen. Vielversprechend kann es auch sein, externe etablierte Akteure einzuladen, die spezielle Impulse geben. Dadurch erfolgt auch eine Wertschätzung der Orte und Nachbarschaften von außen. Generell gilt es bei allen Aktionen, hinzuhören und hinzuschauen, um zu erkennen, was schon da ist und aufzugreifen, was die Menschen vor Ort interessiert. Konkret wurden viele verschiedene Optionen genannt, die teilweise schon ihren Erfolg im Märkischen Viertel bewiesen haben und weiterentwickelt werden könnten: Etwa selbst organisierte Festivals im Märkischen Viertel, die zusammen mit Jugendlichen auf die Beine gestellt werden (z. B. im Atrium), die gemeinsame Planung von neuen Orten zusammen mit den Bewohner:innen, eine Lichtergalerie mit den Jugendkunstpaten in verschiedenen Vierteln, Führungen durch das Viertel, das Drehen von eigenen Filmen mit den Bewohner:innen, die dann vor Ort gezeigt werden könnten oder Knotenpunkte zu schaffen, wo Kunst- und Kulturschaffende und Anwohner:innen zusammenkommen können.

Strategien: Welche Prozesse und Strukturen funktionieren?

Welche Strategien, Prozesse und Strukturen sind vielversprechend? Klar wurde, dass für Kultur stets Räume und Haushaltsmittel notwendig sind. Allerdings ist nicht nur die Höhe der Förderung entscheidend, wichtiger ist häufig die Frage, in welche Projekte die Mittel gesteckt werden – hier sollte Vorhaben der Vorrang gegeben werden, die zur Mitgestaltung, zum Empowerment der Anwohner:innen befähigen, ihnen Gestaltungsmacht geben. Ein Quartiersfonds für kleinere Projekte der Nachbarschaft könnte dabei eine gute Idee sein. Neben Geld und Räumen ist zudem Zeit ein wichtiger Faktor: Neue, nachhaltige Prozesse benötigen Zeit. Es ist notwendig, diese Zeit zu geben und auch mal eine Weile lang einen „Beta-Status“ auszuhalten, ohne z. B. Räume gleich in Verwertungsflächen zu verwandeln. Auch Personalressourcen sind entscheidend: So sind dauerhafte Stellen (etwa für Vermittler, Kümmerer im Quartier, Community-Management etc.) wichtig, damit die Menschen langfristig Vertrauen in diese Leute aufbauen können, sie kennenlernen. Auch hier kann an bestehende Strukturen angeknüpft werden, etwa an die Hausmeister:innen, die es im Märkischen Viertel gibt, und die schon nahe an den Menschen dran sind. Als mögliche Institutionen, an deren Strukturen man anknüpfen oder die man aufbauen könnte, wurden Kirchen, Stiftungen, Quartiersmanagement, die Hausmeister:innen-Initiative und Künstler:innen-Netzwerke genannt. Zudem wurde betont, dass Verstetigungsprozesse aus dem Engagement der Menschen heraus entstehen und von der Wohnungsbaugesellschaft dann unterstützt werden sollten. Doppelstrukturen gilt es zu vermeiden. Auch eine gewisse Ergebnisoffenheit ist wichtig. Verträge zwischen Wohnungsbaugesellschaft und Künstler:innen, die die Inhalte von Interventionen nicht detailgenau fest-halten, ermöglichen mehr Flexibilität und das Anpassen an die Bedürfnisse der Bewohner:innen sowie ein prozesshaftes Vorgehen.

Ausblick

Mit der Praxiswerkstatt hat „Gemeinsam für das Quartier“ einen Impuls gesetzt für die weitere Ausgestaltung des Bausteins „Kunst, Kultur und Wissenschaft“ im Zukunftskonzept der GESOBAU. Die Ergebnisse fließen in die Weiterentwicklung des Zukunftskonzeptes ein, es soll ein „Fahrplan Kultur“ entstehen. Die Initiative „Gemeinsam für da Quartier“ wird die GESOBAU mit weiteren Werkstattveranstaltungen im Rahmen eines Stadtlabors dabei unterstützen, die Ausgestaltung des Bausteins weiter voranzubringen. Ziel ist es, die Vernetzung zwischen externen und Vor-Ort-Akteuren weiter voranzutreiben und die Inputs nach und nach in konkrete Maßnahmen zu übersetzen. So kann die die künstlerisch-kulturelle Transformation und damit die soziale Stabilität, Durchmischung und Lebensqualität des Märkischen Viertels vorangebracht und das Viertel zukunftsfest gemacht werden.

Abbildungen

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© Christoph Schieder