Innenstadtstrategien: Kommune als Katalysator, Kurator und Ermöglicher
Praxiswerkstatt „Innenstadtstrategien“ am Beispiel Offenbach am Main
Wie bringt man eigendynamische Innenstadtstrategien ins Laufen? Wie sehen öffentlichkeitswirksame Schlüsselprojekte aus? Und: Wie entstehen verlässliche Verantwortungsgemeinschaften?
Die Vernetzungsinitiative der Nationalen Stadtentwicklungspolitik „Gemeinsam für das Quartier“ führt Kommunen, Immobilienentwickler, Wohnungsunternehmen sowie Stadtmacher:innen aus Kultur, Soziokultur, Kreativwirtschaft und Zivilgesellschaft sowie Stiftungen und Wohlfahrtsverbände bei der Beantwortung dieser Fragen zusammen. Mit Förderung durch die Nationale Stadtentwicklungspolitik gehen 2022 darüber hinaus erste Praxiswerkstätten vor Ort an den Start. Am 20. Mai traf ein zehn-köpfiges Netzwerk-Team mit Vertreter:innen unter anderem aus Mannheim, Regensburg und Coburg auf dem Offenbacher Stadthof mit lokalen Stadtmacher:innen zusammen. Einige Ergebnisse und Erkenntnisse der Werkstatt sind nachfolgend zusammengefasst.
Ko-Produktion kultivieren und konsolidieren
handlungsorientierte intermediäre Strukturen schaffen
die Transformation für alle unmittelbar erlebbar machen
Diese drei Erfolgsfaktoren kennzeichnen offensichtlich das gerade anlaufende Offenbacher Transformationsmanagement. Bei der Ko-Produktion von Stadt kann man in Offenbach an langjährige positive Vorerfahrungen anknüpfen: bei der Weiterentwicklung von gemischten innenstadtnahen Quartieren, bei der Beförderung der Kultur- und Kreativwirtschaft, beim Stadtmarketing, bei der Kooperation zwischen Hochschule für Gestaltung mit Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung; vor allem aber beim Masterplan-Prozess und bei der Entwicklung des Zukunftskonzeptes Innenstadt.
Bereits bei der kooperativen Entwicklung des Zukunftskonzeptes ist es gelungen, sehr konkret zu werden. Ein Katalog mit insgesamt 14 vereinbarten Impuls-, Schlüssel- und Basic-Projekten illustriert den aktivierenden, auf Eigendynamik bauenden Ansatz. Er setzt auf die sich wechselseitig beflügelnde Kraft von „Creative Places & Communities“. Der Katalog geht von spezifischen Offenbacher Innenstadt-Potenzialen aus und bezieht zu ihrer Aktivierung die vielfältigen Potenziale lokaler Stadtmacher:innen ein. Schlüsselinstrument auf diesem Weg ist eine neue intermediäre Struktur für ein handlungsorientiertes Transformationsmanagement. Sie ist zielsicher angedockt an die kommunale Wirtschaftsförderung. Ihre Bezeichnung mit „Agentur Mitte“ ist ein klares Signal der Kommune für ein handlungsorientiertes Matching und Miteinander bei der Koproduktion der neuen Mitte – und auf dem Weg zu einem neuen „Wir“.
In Abstimmung mit der im Aufbaubefindlichen Agentur Mitte sollte die Praxiswerkstatt des Netzwerkes „Gemeinsam für das Quartier“ am 20. Mai
- den Einstieg in den ko-produktiven Umsetzungsprozess des Zukunftskonzeptes Innenstadt markieren – und damit an den breit angelegten Kooperationsprozess bei der Entwicklung des Zukunftskonzeptes anknüpfen,
- die seit der Verabschiedung des Zukunftskonzeptes entwickelte intermediäre Struktur „Agentur Mitte“ vorstellen sowie
- die Ziele und Qualitätsmerkmale des Einstiegs- und Schlüsselprojektes „Rathaus-Pavillon“ (Transformation des früheren Polizei-Pavillons) thematisieren, der zusammen mit weiteren Bausteinen am Stadthof / „Rathaus-Plaza“ die Transformation der Innenstadt für alle unmittelbar erlebbar machen soll.
In der fachöffentlichen Wahrnehmung sollte mit der Praxiswerkstatt aufbauend auf der erfolgreichen ko-produktiven Konzeptphase nun der Einstieg in die ko-produktive Umsetzung und Projektentwicklung eingeleitet werden.
Die Dynamik und der Nachhall der Werkstatt haben gezeigt: dieses Ziel wurde in der Wahrnehmung der Beteiligten und der aktiven Innenstadtakteure erreicht – zur Stärkung der öffentlichen Resonanz und Sichtbarkeit besteht aber offenbar noch Handlungs- und Kommunikationsbedarf.
Zukunftskonzept „Offen denken“ und Agentur Mitte
In der letzten Dekade hat sich die Stadt Offenbach am Main, die lange Zeit vor allem als Kommune mit dem höchsten Migrationsanteil Deutschlands, für ihre klammen Kassen und ihre überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquote bekannt war, ein positives Image als „Arrival City und Stadt der gelebten Vielfalt“ aufgebaut – auch dank eines 2015 verabschiedeten und auf einer breiten Akteurs- und Bürgerbeteiligung basierenden Masterplans. Zwischen 2010 und 2019 konnte Offenbach, das damals fast 131.000 Einwohner:innen zählt, einen Bevölkerungszuwachs von 19.200 Personen verzeichnen. Diese Dynamik ließ sich jedoch nicht auf die Innenstadt übertragen, die von den positiven Energien einer aktivierenden, Eigendynamik entfaltenden Stadtentwicklung vor allem in den benachbarten innenstadtnahen Stadtquartieren abgekoppelt schien. Deshalb erarbeitete die Stadt zusammen mit dem Verein lokaler Unternehmen „Offenbach offensiv“ und mit Unterstützung des Hamburger Büros für Stadtentwicklung urbanista ein Zukunftskonzept Innenstadt, das 2020 verabschiedet wurde. Ziel: Sich von der monofunktionalen Ausrichtung lösen und eine zu allen Tageszeiten belebte Innenstadt für die gesamte Stadtgesellschaft auch jenseits des Handelsschaffen. Dies soll in den fünf Bereichen Wohnen, Arbeit, Handel und Versorgung, Teilhabe und Repräsentation sowie Kultur und Gemeinschaftlichkeit erreicht werden. Im Fokus des Zukunftskonzepts stehen eine Reihe geplanter räumlicher Impuls-, Schlüssel- und Basic-Projekte, die jeweils verschiedene Nutzungen – etwa Handel und Kultur – vereinen und zu Magneten und Keimzellen des Wandels werden sollen – darunter auch der oben genannte Stadthof mit dem Rathaus-Pavillon.
Für die Umsetzung ist die 2021 gegründete und bei der Wirtschaftsförderung angesiedelte städtische „Agentur Mitte“ unter Leitung von Anna-Maria Rose zuständig, die bei der Projektentwicklung unterstützen, kuratieren, Gelder und Partner akquirieren und das Matchmaking sowie das Zusammenspiel der Stadtmacher:innen befördern soll. Die Agentur Mitte soll perspektivisch mit drei Vollzeitstellen besetzt werden, so die Empfehlung von urbanista. Die neue Agentur soll gemeinsam mit dem bereits seit langem aktiven Citymanagement als gemeinsame Stabsstelle "Innenstadt" bei der Wirtschaftsförderung eingerichtet werden.
Die Marke Offenbach etablieren
„Bei einer Transformation ist es wichtig, zu wissen, woher man kommt und was einen ausmacht, welche Identität man hat. Offenbach ist dafür ein gutes Labor“, sagte Božica Niermann, Leiterin der Wirtschaftsförderung Offenbach. „Jung, gut verbunden, Einwanderer- und Produktionsstadt, divers, bunt, engagiert, kreativ, geprägt von „Machern und Lebenskünstlern“ – dies sind einige der Facetten, die den Kern der Stadt ausmachen. Das alles ist keine Vision, sondern schon Realität. Aber wir brauchen Schlüsselprojekte insbesondere auch in der Innenstadt, um das noch viel mehr sichtbar zu machen“, so Niermann. Frank Achenbach von der IHK ergänzt: „Das gemeinsame Commitment ist groß. Durch die Kooperation der Stadt mit dem Offenbach offensiv e.V. beim Masterplan und beim Zukunftskonzept ist das gegenseitige Vertrauen gewachsen." Als Herausforderung sehen es die lokalen Akteure, einerseits die gesamte „Bürgerschaft“ mitzunehmen und andererseits sich auf diejenigen zu fokussieren, die auch wirklich mitmachen möchten. Die enge Zusammenarbeit in Offenbach ist laut Marion Rüber-Steins, Referatsleiterin Stadtentwicklung und Wohnbauförderung, gewissermaßen auch aus der Not geboren, da es dadurch notwendig geworden sei, die Kräfte zu bündeln. „Wir profitieren davon, dass wir in kleinen Teams arbeiten und uns gut kennen. Das findet man nicht in jeder Stadt vor.“
Schlüsselprojekte: ko-kreative, strategische Experimente wagen … und zeigen, worum es geht!
Was können die Offenbacher Akteure und die Expert:innen aus der Vernetzungsinitiative „Gemeinsam für das Quartier“ voneinander lernen, wenn es um eine von allen Akteuren getragene Umsetzung von Schlüsselprojekten geht? In Mannheim tragen sich viele kreativwirtschaftliche Initiativen mittlerweile selber – auch durch die strategische Förderung ihrer strukturellen Wirkungen – und sind zu gutfunktionierenden Dritten Orten geworden, wodurch sich auch die Dynamik in den umliegenden Quartieren positiv verändert hat, erzählt Matthias Rauch von NEXT Mannheim, das sich als hundertprozentige Tochter der Stadt Mannheim um Innovation und Existenzgründungszentren in der Stadt kümmert. Die Prozesse der lokalen Stadterneuerung werden in Mannheim direkt vom Oberbürgermeister und der Stadtentwicklungsgesellschaft MWSP gesteuert und mit 20 Fachbereichsleitungen im Sinne einer integrierten lokalen Stadtentwicklung (LOS) abgeglichen und vorangebracht. Als Erfolgsrezept für die Zusammenarbeit mit dem Kulturbereich nennt Rauch „genug Freiräume“: „Man sollte nicht von vornherein versuchen, die Kultur zu instrumentalisieren.“ Inhalte sollten nicht vorgegeben, aber ihre Entwicklung finanziell unterstützt werden. Das Erreichen einer wirtschaftlichen Tragfähigkeit müsse von Anfang an das Ziel sein. Dies würde auch für die Umsetzenden viel mehr Autonomie bedeuten, da sie dann nicht mehr auf Fördergelder angewiesen sind und freier agieren können. Eine ganz wichtige Währung sei zudem Vertrauen: „Um solche unsicheren Prozesse zu starten, braucht es Vertrauen, persönliche Beziehungen zwischen den Beteiligten, Ansprechpersonen, die da sind, wenn es mal rumpelt – und das passiert ja immer. Dann werden die Projekte auch erfolgreich“, so der Mannheimer.
Innenstadt: Intermediäre Strukturen und Vereinbarungen
„Wir haben eine disruptive Entwicklung im Handel“, sagte Stefan Postert von Stadt +Handel in Bezug auf die Transformation der Innenstädte: „Wir denken oft darüber nach, das Alte wiederherzustellen. Aber das wird nicht mehr kommen. Wir sollten lieber überlegen, wie die neuen Innenstädte aussehen können.“ Um die notwendigen Veränderungen voranzubringen, seien Innenstadtvereinbarungen zwischen Privaten und der öffentlichen Hand notwendig, um Verantwortlichkeiten festzulegen. Gerade was Immobilieneigentümer:innen angeht, ist dies allerdings nicht immer einfach: So gehören der Stadt Offenbach im Zentrum nur wenige Immobilien. Zudem seien die Eigentümer:innen teilweise unbekannt oder schwererreichbare Fonds in Luxemburg, erzählt Marion Rüber-Steins. Dies mache es schwierig, Verpflichtungsvereinbarungen abzuschließen. Die Stadt konzentriere sich deshalb aus Ressourcen- und Zeitgründen zunächst auf die bekannten Eigentümer:innen, die Lust hätten, an der Transformation der Innenstadt mitzuwirken. Matthias Rauch machte auf die Wirkmächtigkeit solcher Vereinbarungen aufmerksam, auch wenn es weiche Maßnahmen seien: „Da geht es darum: wie wollen wir zusammenleben und arbeiten. Das ist als vorgelagerter Prozess und für die weitere Entwicklung wichtig. Vor allem kann ich mich in Konflikten darauf beziehen.“ Als weitere Erfolgsfaktoren für den Innenstadtwandel wurde ein ressortübergreifendes Arbeiten genannt (zum Beispiel ermöglicht durch die Bündelungsfunktion eines persönlichen Referenten für Innenstädte, so Posterts Vorschlag), ebenso wie das Transparent-machen der Legitimation von neuen operativen Strukturen wie der Agentur Mitte: Es müsse klar sein, welche Rolle sie im Verhältnis zu tradierten Verwaltungsressorts in der Stadt spiele, damit sie als handlungsorientierte Bereicherung und nicht als verkomplizierende Konkurrenz wahrgenommen würde.
Finanzierung und Wertschöpfung: Neue Modelle und Maßstäbe gefragt
Welche Rolle spielt Rendite bei der Transformation der Innenstadt? In dieser Diskussion brachte Frank Achenbach von der IHK Offenbach zum Ausdruck, dass die Kommune unter erheblichem Finanzdruck stehe und z. B. Buslinien stilllegen müsse, weil das Geld fehle. Auf der anderen Seite wurde eingewandt, dass Städte derzeit von erheblichen Fördermitteln von Bund und Ländern profitieren. Allerdings haben sie oft nicht die Eigenmittel oder genügend Personal, um diese Gelder auch abzurufen und zu verwenden. Neue Geschäfts-, Förder- und Finanzierungsmodelle für die Innenstädte sind somit gefragt. Allerdings bleibt der Fakt bestehen, dass durch das Wegbrechen des stationären Handels ein Wertverlust erfolgt. „Die Mieten für Einzelhandelsflächen aus der Vergangenheit sind zukünftig in den Innenstädten nicht mehr zu erzielen“, so Achenbach. „Wir haben einen Shift von einer konsumgetriebenen Wahrnehmung hin zu mehr Vielfalt. Viele Menschen in der Innenstadt wollen nicht konsumieren, sondern sich treffen, Kultur genießen und anderes.“ Insgesamt sprachen sich die Diskutierenden für mehr Transparenz bei den Eigentumsverhältnissen der Grundstücke, Flexibilität bei der Nutzung und der Adaption von Plänen sowie Mut und Offenheit bei experimentellen Nutzungen – auch jenseits bestehender Regulatorien – aus. „Es ist wichtig, Dinge auszuprobieren. Nur dann finden wir neue Konstellationen und Akteure, die Lust haben, in der Innenstadt was zu machen“, so Achenbach.
Coburg: Die Transformation sichtbar machen
Wie gehen andere Städte mit der Transformation der Innenstadt um und wie befördern sie das Zusammenspiel zwischen Kommune, aktivierender Stadtentwicklung und Kreativwirtschaft? Dies wurde am Beispiel der beiden bayerischen Städte Coburg und Regensburg deutlich. In Coburg hat der Stadtrat 2021 die bei der Wohnbau Stadt Coburg GmbH angesiedelte Projektgruppe „Die Stadtmacher“ auf den Weggebracht, um sich des kleinteiligen Leerstandes in den 1A-Lagen der Innenstadt anzunehmen und Synergien zu bündeln. Zudem wurden die Studierenden der Hochschule, die aufgrund der zentrumsfernen Lage von Uni und Wohnheimen in der Innenstadt bis dato kaum sichtbar gewesen waren, animiert, den Leerstand zu bespielen. Mittlerweile ist die 42.000-Einwohner-Stadt in Oberfranken Modellkommune des bayerischen Wirtschaftsministeriums und hat zahlreiche Schlüsselprojekte umgesetzt. „Man bewirkt viel, wenn man die Menschen mal machen lässt. Wir kommen ja aus der Verwaltung und kennen die Förderkulissen. Wir verlieren aber an Schwung, weil wir so viele Richtlinien einhalten müssen. Das versuchen wir, mit Tricks zu umgehen, um die Akteure nicht zu verlieren. Mit kurz- und mittelfristigen Dingen, die auf die Straße gebracht werden, wird die Transformation dann auch sichtbar“, sagt Anette Vogel von der Projektgruppe „Die Stadtmacher“.
Regensburg: In ein Betreibermodell investieren
Das „Degginger“ ist ein Präsentationsraum und Entfaltungsort inklusive Gastronomie mit Veranstaltungsflächen in einer ehemaligen Hugendubel-Filiale mitten in der Regensburger Innenstadt, den die Kommune den Kreativen der Stadt „mit vollem Invest“ zur Verfügung stellt und mit drei Vollzeitstellen unterstützt. Leerstand war hier nicht das Problem, eher der fehlende Raum, die Agora und das Schaufenster für die Kultur- und Kreativwirtschaft. „Ich würde nie mehr so einen Space als Kommune selber machen, sondern in ein Betreibermodell investieren“, resümiert der Communitymanager des Degginger und Clustermanager Kultur- und Kreativwirtschaft Sebastian Knopp von der Wirtschaftsförderung der Stadt Regensburg. Auch wenn das Degginger im Großen und Ganzen ein Erfolg ist, habe eine klare Rollenverteilung zwischen der Stadt und den Gastronomen gefehlt – ein Fehler im System: „Gerade mit Corona haben wir uns auf einer menschlichen Ebene aufgerieben, weil privatwirtschaftliche Existenzangst auf die Ruhe der Kommune trifft, deren Mitarbeiter in der Hinsicht nichts zu verlieren haben.“ Die Beauftragung eines externen Betreibers hätte laut Knopp auch noch weitere Vorteile: Es ist kostengünstiger und gewährt mehr Handlungsspielräume, zum Beispiel bei Ausschreibungen oder was ein schrittweises Vorgehen betrifft. Seine Lösung: Mehr Zutrauen zueinander haben und voneinander lernen: „2015 hat die Stadt es der Kultur- und Kreativwirtschaft nicht zugetraut und selber das Heft in die Hand genommen. Dabei weißt du als Kommune ja auch nicht, was Kreativwirtschaftsförderung bedeutet.“ Gäbe die Kommune diese Rolle ab, würde dies laut Knopps Einschätzung am Ende zu erfolgreicheren Verfahren führen, auch, weil die Kreativwirtschaft bessere „Trial-and-Error-Prozesse“ hätte und mit dem Lernen aus Fehlern offener umgehe als die öffentliche Hand. Zudem bestehe der Auftrag der Stadt, sich mit der Aktivierung von ganzen Quartieren zu beschäftigen und sich nicht nur auf ein objekthaftes Modellprojekt zu fokussieren. Diese breite Sicht gelänge besser, wenn die Stadt als Katalysator und Anschubhelferin verschiedener Vorhaben agiere und nicht als Betreiberin eines Einzelprojektes.
Rathaus-Pavillon: Mut zum Ausprobieren
Zum Ende der Veranstaltung wurde vor dem Hintergrund der vielfältigen Impulse konkret darüber diskutiert, wie der ehemalige Polizei-Pavillon in Offenbach, der laut den Ansässigen jahrelang ein „Unort“ war, erfolgreich im Sinne eines Rathaus-Pavillons und einer Keimzelle der Innenstadt-Strategie nachgenutzt werden kann. Im Zukunftskonzept ist dafür mit dem Pilotprojekt „Dachsteiger“ zunächst eine Nutzung und Begrünung des Flachdaches vorgesehen. Eine Machbarkeitsstudie hat als mögliche Erdgeschoss-Nutzungen eine wirtschaftlich-gastronomische bzw. eine soziokulturelle Ausrichtung identifiziert, erzählt Anna-Maria Rose von der Agentur Mitte. „In den nächsten Monaten geht es darum, eine vertiefte Objektplanung zu machen und parallel zu ermitteln, was es für Nutzungsideen für diesen Raum gibt“, so Rose. „Ich verstehe unsere Veranstaltung heute als Vorveranstaltung zu zielgerichteten Beteiligungsformaten, die wir nächstes Jahr machen werden.“
Diskutiert wurde unter anderem, ob ein solcher Raum „für alle“ sein solle, oder eine gewisse Zielgruppe ansprechen müsse. Hier war die Mehrheit der Meinung, dass „Kann alles und ist für alle“ ein lähmender, kaum umsetzbarer Anspruch sei. Wichtiger sei es, diejenigen Leute einzuladen, die wirklich Interesse hätten. Auch gelangten die Diskutierenden zu der Erkenntnis, dass es wichtig sei, den Raum frühzeitig zu beräumen und zu öffnen, damit sich Nutzungen „vom Raum her“ entwickeln könnten. Eine Möglichkeit sei es auch, einige Jahre lang Angebote für verschiedene Zielgruppen auszuprobieren, um zu sehen, was am besten „angenommen“ werde.
Zudem gab es den Hinweis, bei Beteiligungsprozessen ab einem gewissen Zeitpunkt Rahmensetzungen vorzugeben, da man sonst aufgrund der hohen Fluktuation der Teilnehmer:innen immer wieder von vorne anfange. Diese Festlegungen sollten Spielraum für das Ausprobieren einzelner Module lassen und seien insgesamt produktiver für den politischen Prozess. Den Rahmen für die Beteiligung könne die definierte Marke „Offenbach“ bieten, resümiert Božica Niermann, Leiterin der Wirtschaftsförderung Offenbach. Die Rolle der Stadt sei in diesem Zusammenhang die der Transformationsmanagerin, die Verbindlichkeiten schafft, aber auch Raum zum Experimentieren lässt: „Wir sind Konnektoren, Katalysatoren, Ermöglicher. Das nehme ich mit.“
Bericht: Heike Mages, Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V.