Perspektivenwerkstatt 1

15.3.2021
14:00 - 17:30
Online-Konferenz
Online-Konferenz
Creative Places & Communities auf dem Land
Welche Perspektiven für Schlüsselprojekte mit besonderem Innovationspotenzial bieten sich in der aktivierenden, kooperativen Kleinstadt- und Dorfentwicklung?

Thema

Mit der Veranstaltung sollen die bisherigen vielfältigen Diskurse und Reflexionen zu „Creative Places & Communities“ als Impulsgeber einer aktivierenden, kooperativen Kleinstadt- und Dorfentwicklung zusammengeführt werden.

Ziel ist es, uns einen Überblick zum Geschehen zu verschaffen. Daran anknüpfend möchten wir uns zu Perspektiven für weiterführende Projekte zur aktivierenden Kleinstadt- und Dorfentwicklung austauschen. Schließlich geht es uns darum, Ansätze mit besonderem Innovationspotenzial zu identifizieren, die es lohnen könnte, innerhalb der Vernetzungsinitiative weiterzuverfolgen.

Das Werkstattgespräch richtet sich vor allem an die kommunalen, immobilienwirtschaftlichen, kulturellen, sozio-kulturellen, kreativwirtschaftlichen sowie insgesamt an die zivilgesellschaftlichen Akteure der Kleinstadt- und Dorfentwicklung.

Folgende Leitfragen begleiten die Veranstaltung:

  • Welche erfolgreichen Ansätze zur aktivierenden, kooperativen Kleinstadt- und Dorfentwicklung entwickeln sich?
  • Welche Perspektiven werden gesehen, die Ansätze „Quartiersentwicklung & Stadtkultur“, „Empowerment & Gründungskultur“ sowie „Community-Building & Netzwerkförderung“ in weiterführenden Projekten zu stärken und miteinander zu verbinden.
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Agenda

Online-Konferenz am 15.3.2021

Moderation:

  • Christian Huttenloher, Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V.
  • Dr. Ulrich Berding, plan zwei Stadtplanung und Architektur, Stadt als Campus e.V.
  • Prof. Reiner Schmidt, Hochschule Anhalt, Stadt als Campus e.V.

14:00 - 14:15 Uhr

Begrüßung und Einführung // Reflexionen zu „Creative Places & Communities auf dem Land“

Welche erfolgreichen Ansätze zur aktivierenden, kooperativen Kleinstadt- und Dorfentwicklung entwickeln sich?

Welche Perspektiven werden gesehen, die Ansätze „Quartiersentwicklung & Stadtkultur“, „Empowerment & Gründungskultur“ sowie „Community-Building & Netzwerkförderung“ in weiterführenden Projekten zu stärken und miteinander zu verbinden?

14:15 - 15:00 Uhr

Reflexionen zu Perspektiven von Campus-Kultur

Projekte:

  • Campus Helmstedt
  • Campus Bernburg-Talstadt

Gesprächsteilnehmer:innen:

  • Lorenz Flatt, Campus Helmstedt e.V. ↗Video auf Vimeo ↗Struktur Pferdestall (pdf)
  • Helena Philipp, Projekt COI, Bernburg ↗Übersichtsgrafik Projektraum COI (pdf)
  • Henning Konrad Otto, Stadt Helmstedt / Jens Meissner, Stadt Bernburg / Holger Köhncke, Bernburger Wohnstättengesellschaft mbH  
  • Lukas Petereit, omazing / Florian Danker, fussgaengerfloh.media / Maximilian Hohe, Sport-Thieme GmbH / Dr. Alexander Goebel, Wirtschaftsregion Helmstedt GmbH

15:00 - 15:30 Uhr

Reflexionen zu Perspektiven von Coworking-Kultur

Projekte:

  • COBAAS, Preetz
  • Coworkerhaus, Aurich
  • Coconat Workation Retreat, Bad Belzig

Moderation:

Gesprächsteilnehmer:innen:

  • Thomas Wick, COBAAS, Preetz
  • Vicky Janssen, Coworkerhaus Aurich
  • Janosch Dietrich, Coconat Bad Belzig

Partner:innen:

  • German Coworking Federation e.V. (GCF) 

15:45 - 16:15 Uhr

Reflexionen zu Perspektiven bewährter Projekt-Typen

Projekte:

  • Soziokulturelle Zentren
  • Dritte Orte
  • Dorfbüros

Gesprächsteilnehmer:innen:

  • Bundesverband Soziokultur e.V.
  • Tobias Bäcker, startklar a+b GmbH
  • Susanne Gill, Entwicklungsagentur RLP

Partner:innen:

  • Bundesverband Soziokultur / Programmbüro Dritte Orte
  • startklar a+b GmbH
  • Schwerte / Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e.V.

16:15 - 16:45 Uhr

Reflexionen zu Perspektiven neuer Partnerschaften

Projekte:

  • Zukunftsort Hof Prädikow
  • Modellprojekt Leerstands-Matching
  • Format Summer of Pioneers

Moderation:

  • Julia Paaß, Netzwerk Zukunftsorte e.V.
  • Gesprächsteilnehmer:innen:
  • Frederik Bewer, Bürgermeister Angermünde
  • Dr. Steffen Kamrad, Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH

Partner:innen:

  • Netzwerk Zukunftsorte e.V.

16:45 - 17:30 Uhr

Diskussion von Perspektiven für weiterführende Projekte zur aktivierenden, kooperativen Kleinstadt- und Dorfentwicklung

Welche Ansätze mit besonderem Innovationspotenzial sollten in der Vernetzungsinitiative weiterverfolgt werden?

Kommentator:innen:

  • Stefan Willinger, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (angefragt)
  • Tine Fuchs, Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK)
  • N.N. DIE STADTENTWICKLER BUNDESVERBAND
  • Matthias zu Eicken, Haus & Grund Deutschland

report

Ergebnis

Was können Creative Places und Communities für die Kleinstadt- und Dorfentwicklung leisten? Weiterbildung, Vernetzung und Offenheit gefragt
Ergebnisse der ersten Perspektiven-Werkstatt der Initiative „Gemeinsam für das Quartier“

Im Mittelpunkt der der ersten Perspektivenwerkstatt der Initiative „Gemeinsam für das Quartier“ am 15. März 2021 standen Creative Places und Communities auf dem Land: Welche Schlüsselprojekte mit besonderem Innovationspotenzial gibt es in der Kleinstadt- und Dorfentwicklung? Wie können durch solche Vorhaben Quartiersentwicklung, Gründungskultur und Netzwerkbildung gestärkt, verstetigt und miteinander verbunden werden? Dabei wurden insbesondere Projekte der Campus-Kultur und aus dem Bereich Co-Working in den Blick genommen. Außerdem kamen bewährte Projekttypen wie soziokulturelle Zentren und Dorfbüros zu Wort, ebenso wie neue Partnerschaften zur Wiederbelebung ländlicher Räume. Klar wurde, dass für den Erfolg aller Projekttypen Offenheit, Beratung und Vernetzung entscheidend sind. Dies gilt sowohl für die kreativen Köpfe, als auch für die Verwaltungen und die Wirtschaftsförderung. Denn das große Potenzial von Creative Places und Communities für die Kleinstadt- und Dorfentwicklung wird vielerorts noch nicht erkannt; nach wie vor fallen viele innovative Vorhaben durch etablierte Förderraster. Das Voneinander-lernen ist allerdings nicht selten ein Drahtseil-Akt: Die Kunst ist es, Wissen zu transferieren, ohne ein „Schema F“ aufzustellen, das die Kreativität unterbindet und lokale Besonderheiten vernachlässigt. Dies gilt auch für die Förderung: Selbsttragende Projekte sind selbstverständlich das Ziel. Aber möchte man innovative, laborhafte Vorhaben wirklich unterstützen, sollte man in der Anschubphase „freies Geld“ gewähren und ein „Scheitern erlauben“.

Campus-Kultur: Schüler:innen und Studierende als Stadtmacher und Gründer

Junge Menschen in die aktivierende Stadtentwicklung einbeziehen, sie und ihre Ideen in der Öffentlichkeit sichtbarer machen, sie langfristig vor Ort halten: Dieses Ziel verfolgen der „Pferdestall“ in Helmstedt und das „COI“ in Bernburg. Club für kreative Stadtmacher, Dialogforum, ein Ort zum Hausaufgaben machen, Bühne für (junge) Kultur, Café – der Pferdestall bietet vieles an. In erster Linie ist das vor neun Jahren gegründete Community Center ein Forum für Gespräche rund um die Stadtentwicklung, das explizit junge Menschen anspricht. Da Helmstedt keine Hochschule hat, sind dies insbesondere Schüler:innen der weiterführenden Schulen. Zusammen mit Unternehmen und Bürger:innen haben sie den Pferdestall gegründet: „Wir sind erfolgreich in die Stadt integriert und gehen auch mit Aktionen raus, etwa an den Bahnhof oder in den Tagebau“, erklärt Lorenz Flatt vom Campus Helmstedt e.V.

Ähnlich breit aufgestellt ist der Projektraum COI (Coworking, Offene Veranstaltungen, Deine Ideen), der 2018 in einem ehemaligen Fischladen in der Bernburger Innenstadt entstand. Ursprüngliches Ziel war es, den Campus der Hochschule Anhalt, die zu Fuß über eine Stunde vom Stadtzentrum entfernt ist, in Bernburg präsenter zu machen. Doch aus dem Pilotprojekt entwickelte sich eine studentische Initiative, die den Raum bis heute weiterhin bespielt: Unter der Woche dient er als Coworking-Space, zusätzlich werden Events veranstaltet, oft auch in Zusammenarbeit mit anderen Stadtakteuren. Getragen wird das COI vom Eigentümer, der Bernburger Wohnstätten-Gesellschaft, die den Raum kostengünstig vermietet, und der Hochschule Anhalt, die auch die die Miete und studentischen Hilfskräfte bezahlt, die dort arbeiten. „Wir wollen unsere Arbeit mit der Gründer- und Wirtschaftsförderung verbinden. Denn wir bieten die Möglichkeit, sich in einem geschützten Rahmen auszuprobieren. Das kann auch der Grundstein für eine Existenzgründung sein“, so Helena Philipp vom Projektraum COI.

Kommunale Wohnungsbaugenossenschaften, Vertreter des Stadtmarketing und junge Gründer selbst bestätigen: Beiden Vorhaben ist es gelungen, junge, kreative Menschen besser an die jeweilige Stadt zu binden, kreative Impulse zu setzen, Räume zum Ausprobieren zu stellen und somit Leerstand entgegenzuwirken und den Nährboden für Gründungen, Engagement und Strukturentwicklung zu schaffen. Entscheidend ist dabei vor allem die Vernetzung: Zwischen den Generationen, zwischen Kreativen, Stadt und Wirtschaft, zwischen Gründern und Geldgebern.

Perspektiven auf dem Land mit Coworking

Schnelles Internet, ein Platz zum Arbeiten, Gemeinschafträume, Drucker, vielleicht sogar ein Café: Was in den Großstädten mittlerweile gang und gäbe ist, bietet auch für Land und Kleinstädte Chancen. Die Rede ist von Coworking-Spaces in unterschiedlichster Ausprägung. Steuerberater, ein Kosmetikbetrieb oder Doktoranden nutzen zum Beispiel das COBAAS, ein Coworking-Space im 16.000-Einwohner-Städtchen Preetz in Schleswig-Holstein. Und auch im ostfriesischen Aurich läuft seit Herbst 2020 der Pilot für einen solchen gemeinschaftlich genutzten Arbeitsraum, auch wenn dort zunächst viel Kommunikationsarbeit notwendig war: „99 Prozent der Ostfriesen wussten nicht, was ein Coworking-Space ist“, so Vicky Janssen vom Cowerker Haus Aurich. Dass das Konzept aufgeht, zeigt das in der Szene berühmte Coconat in Klein Glien, eine Fahrtstunde südwestlich von Berlin, das 2017 seine Pforten öffnete und mit dem „Workation“-Konzept Arbeit (Work) und Tourismus bzw. Urlaub (Vacation) verbindet. „Die Idee war es, etwas zu schaffen wie frühere Künstlerkolonien oder Klöster: Einen Ort auf dem Land, um sich aus Alltag rauszuziehen, wo man konzentriert arbeitet, aber nicht alleine ist, sondern zusammen mit anderen“, erklärt Janosch Dietrich, Mitgründer des Coconat. Start-ups und Unternehmen aus Berlin, Hamburg und München sind in Klein Glien zu Gast. Diese Gäste bilden die ökonomische Basis. Gleichzeitig finden in dem ehemaligen Gutshof die Lokalwahlen statt, dort tagt der Dorfrat, findet das Dorffest statt, hat die Freiwillige Feuerwehr ihre Räume.

Coworking-Spaces haben somit im besten Fall auch positive Folgen für das Dorf: Denn sie bieten meistens nicht nur einen Raum zum Arbeiten, sondern auch einen Ort ohne „Verzehrzwang“, wo sich örtliche Vereine und Gruppen treffen können – dies ist gerade in sehr kleinen ländlichen Gemeinden ein wichtiger Faktor, da es derartige Gemeinschaftsorte oft nicht mehr gibt. Klar wird in der Diskussion: Vom Coworking im ländlichen Raum wird man nicht reich, auch wenn Pendler, die künftig eventuell verstärkt im Homeoffice zw. im Coworking-Space arbeiten werden, ein bislang wenig ausgeschöpftes Potenzial bilden. Vielmehr liegt der Mehrwert des Coworking in der Aufwertung und Revitalisierung kleiner Ortschaften. Eine Blaupause gibt es dabei nicht: „Wenn man die richtige Immobilie und das richtige Mindset in einer ländlichen Struktur vorfindet, kann man gemeinschaftlich etwas erschaffen. Was wir unter Coworking-Kultur verstehen, ist auch die Einbindung in diesen Prozess. Das Konzept lebt, wenn es nicht von oben übergestülpt, sondern gemeinsam erarbeitet wird“, stellt Christian Cordes von der German Coworking Federation klar.

Kulturakademie, Entwicklungsagentur, Dritte Orte

Neben relativ „jungen“ Konzepten wie dem Coworking oder der Campus-Kultur, die die Entwicklung von Kleinstädten und dem ländlichen Raum voranbringen, gibt es auch verschiedene Formate, die sich schon seit Jahren bewährt haben. Dazu zählt die KulturAkademie im Schleswig-Holsteinischen Bad Segeberg: „Wir kreieren Kulturorte im Dorf, also in Scheunen, Reithallen, am Seeufer, im Wald, im Wohnzimmer etc. Damit wollen wir auch Leute einladen, die sonst eher kulturfern sind“, erklärt Sabine Lück von der KulturAkademie. Ziel ist es auch hier, die Menschen vor Ort zu halten, Identität zu schaffen. Zudem fungiert die Akademie ganzjährig als Knotenpunkt, Berater und Netzwerk. Nach einer anfänglichen Förderung durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft führt die Kommune das erfolgreiche Vorhaben mittlerweile aus eigenen finanziellen Mitteln weiter.

Eher auf das Thema Arbeit ausgerichtet ist das Vorhaben „Schreibtisch in Prüm“ der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e.V. Ähnlich wie beim Coworking geht es darum, den Menschen mit einem „Dorfbüro“ die Möglichkeit zu geben, vor Ort zu arbeiten und sich das Pendeln zu sparen. Der Verein wird komplett vom Innenministerium Rheinland-Pfalz gefördert und soll modellhaft Arbeiten im ländlichen Raum und die Auswirkungen auf die Regionalentwicklung erforschen, erklärt Susanne Gill von der Entwicklungsagentur.

Mit dem Programm „Dritte Orte – Häuser für Kultur und Begegnung im ländlichen Raum“ fördert das Ministerium für Kultur und Wissenschaft Nordrhein-Westfalen die Entwicklung von Kulturorten in ländlichen Regionen in NRW. In einer ersten Phase wurden Projekte bei der Entwicklung von Konzepten für Dritte Orte gefördert. In der jetzt laufenden zweiten Phase erhalten die Projekte nun auch Unterstützung für die Umsetzung. Aktuell werden 26 Projekte mit jeweils bis zu 450.000 Euro gefördert, darunter bürgerschaftliche, freie und kommunale Vorhaben. So etwa die Bespielung einer leerstehenden Immobilie durch einen Jugendkulturverein in Warstein und die „Qulturwerkstatt“ in Netphen, bei der zugezogene Künstler:innen zusammen mit der Kommune eine historische Scheune zum Mitmachort für Familien und zur Kulturwerkstatt gemacht haben.

Netzwerke entscheidend

Egal ob Campus, Coworking oder Entwicklungsagentur: Ob innovative Projekte sich selbst tragen können und den ländlichen Raum dauerhaft voranbringen, hängt wesentlich von ihrem Vernetzungsgrad mit Gleichgesinnten und Unterstützern ab. So setzt sich etwa das „Netzwerk Zukunftsorte“, das Zukunfts- und Kreativorte, Coworking Spaces, Dritte Orte und multifunktionale Treffpunkte im ländlichen Brandenburg und Ostdeutschland vereint, für die Sichtbarkeit und den Kompetenzaufbau seiner Mitglieder ein: Das Netzwerk organisiert den Wissenstransfer, stellt den Kontakt zu kommunalen Vertreter:innen und Politik her, hilft beim Aufbau und der Ansiedlung neuer „Zukunftsorte“, beim Leerstands-Matching sowie bei der Fördermittelberatung. Gerade im ländlichen Raum sind Coworking-Projekte oft auch Coliving-Projekte, die für ein Wohnen in Gemeinschaft stehen. Gleichzeitig kommen viele rurale Coworker ursprünglich aus den großen Städten. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Vorhaben sich oft zusätzlich die Unterstützung aus der eher städtisch geprägten Wohnprojekt-Szene sichern. So ist der Hof Prädikow, ein „Zukunftsort“ im brandenburgischen Märkisch-Oderland, im Besitz der Stiftung trias und wird über Erbbaupacht an die Mietergenossenschaft Selbstbau eG vergeben. Bewohnt werden soll er künftig von einer bunten Mischung aus Kindern, Familien, älteren Menschen und Singles. Die zum Hof gehörende Dorfscheune, die 2021 im Sommer ihre Tore öffnen wird, soll als Gemeinschaftsort für den ganzen Ort dienen.

Verwaltung weiterbilden, Förderung anpassen

Damit ko-kreative Projektideen Wirkung zeigen können, müssen sie auf einen fruchtbaren Boden in den Verwaltungen stoßen. „Beratungsbedarf ist da! Kommunale Mitarbeiter müssen weitergebildet werden, damit sie merken, was ein Zukunftsort für Impulse aussenden, welche positiven Auswirkungen er haben kann“, ist Frederik Bewer, Bürgermeister von Angermünde in der Uckermark, überzeugt. Dafür sei aber eine personelle Unterstützung der Behördenleiter gerade kleiner Kommunen notwendig, weil diese angesichts ihrer vielen Verwaltungspflichtaufgaben oft kaum Luft für die konstruktive Auseinandersetzung mit innovativen Vorhaben hätten. Auch Stefan Kammrad von der Wirtschaftsförderung Brandenburg betont: „Der Faktor Mensch ist wichtig! In Bad Belzig, Angermünde und Wittenberge haben wir gute Bürgermeister; Verwaltungsleute, die mitspielen und Leerstände öffnen. Wo keine Offenheit besteht, lässt sich diese ganz schwer einpflanzen.“ Er bringt die Idee eines Netzwerks der Kommunen ins Spiel, die sich in diesem Bereich austauschen könnten und betont außerdem, wie wichtig es sei, die Förderlandschaft in Deutschland anzupassen. „Die Wirtschaftsförderung war klassisch immer auf Autobahnanbindung und Gewerbegebiete ausgerichtet. Die Leute aus der ganzen Welt, die sich heute für das Coconat interessieren, schauen aber auf die Bahnanbindung. Da können wir ansetzen: Statt die Industrie mit der Autobahn anzuziehen, sollten wir die Kreativen ansprechen.“

Balanceakt zwischen Freiraum und Struktur

In der Schlussdiskussion wurde deutlich: Entscheidend für das Entstehen aktivierender Orte auf dem Land sind entsprechende Flächen und Gebäude, Geld für das Community Building und ein angepasstes Planungs- und Ordnungsrecht, das mehr Freiräume zulässt. Um nachhaltig Wirkung entfalten zu können, müssen sich die Akteure zudem vernetzen, sich an bewährte Gruppen anschließen. Zudem sollte Prozessen selbst sowie der Prozesshaftigkeit innovativer, kokreativer Vorhaben in der Förderung mehr Raum eingeräumt werden: „Viele Leute in unseren Projekten machen das aus einem starken gestalterischen Wunsch heraus. Das wird aber nicht gefördert und ist in den Behörden schwer vermittelbar. Da sollte man mit einer gezielten Förderung und Wissensaustausch ansetzen“, erklärt Julia Paaß vom Netzwerk Zukunftsorte. So könnten etwa bereits etablierte Player ihr Wissen weitergeben und zudem Neulinge an die richtigen Ansprechpersonen für ihre Anliegen weitervermitteln. Um die Akzeptanz der Kommunen zu gewinnen, müsse man sie mitzunehmen, sagt auch Thomas Wick vom COBAAS in Preetz. Sein Vorschlag: Einen Kommunen-Ziele-Workshop anbieten, bei dem die Gemeinden für sich überlegen können, was sie mit solchen innovativen Vorhaben für ihre Zentren erreichen können. Projekte und Trägermodelle könnten dann anschließend den kommunalen Zielen zugeordnet werden. Wenn Kreative und Kommunen sich dann auch noch an einen Tisch setzen, sollte nachhaltig positiven Veränderungen in Land und Kleinstadt nichts mehr im Wege stehen.

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